Frei lernen ohne Schule – die 8 häufigsten Bedenken + überzeugende Bedenkennehmer
Warum wir fest davon überzeugt sind, dass Freilernen die beste Möglichkeit für unsere Kinder ist, sich zu „bilden“
Update vom 10.6.: Diesen Blogartikel gibt es jetzt auch zum Anhören – vielen Dank an Jürgen Babel für Dein tolles Engagement und Dein professionelles Aufsprechen!!!
Viele Glücksknirpse-Eltern beschäftigen sich intensiv mit Themen wie gesunder Ernährung oder achtsamer, bindungsorientierter „Erziehung“ ohne Strafen & Drohen. Sie setzen sich kritisch mit dem auseinander, was als normal gilt, z.B. mit unserem Gesundheitssystem, dem Geldsystem, Konsumverhalten, Medien uvm. Sie stellen in Frage, was unsere Gesellschaft als „Erfolg“ definiert und suchen ihre eigene Definition dafür. Mit der Folge, dass sie oft immer mehr auszusteigen versuchen – aus „Höher-Schneller-Weiter“, Konsum, Konkurrenzdenken, Pharmagläubigkeit, dem im Westen so „coolen“ Stress, vielleicht sogar aus 8-to-5 uvm.
Früher oder später kommt dabei auch das Schul- & Bildungssystem ins Visier. Z.B. wenn wir über Strafen & Drohen nachdenken, das ja in der Schule nach wie vor standardmäßig praktiziert wird – und was das mit dem Stressgefäß & Selbstbild unseres Kindes macht. Oder wenn wir uns mit der Wichtigkeit des Spielens beschäftigen, mit der Bedeutung von regelmäßigen Naturerfahrungen oder wenn wir lesen, dass „Sitzen das neue Rauchen“ ist. Oder wenn wir auf kritische Artikel von Gerald Hüther, Michael Hüter & Co. stoßen.
Wir wissen: die Schule in Frage zu stellen, ist für viele Menschen zunächst fast undenkbar. Kein Wunder, denn wir alle haben deren vermeintliche Wichtigkeit selbst 9 Jahre oder länger – also einen Großteil unserer Kindheit – täglich zu hören bekommen. (Uns haben die unten genannten Videos & Bücher geholfen, den Umdenkprozess anzustoßen und in Rekordzeit zu gehen ;-)).
Trotzdem haben immer mehr Eltern einen immer stärker werdenden Drang, ihren Kindern einen (weiteren) Schulbesuch zu ersparen. Ganz besonders nach den letzten 2 Jahren. Sie wünschen sich, dass ihre Kinder den famililären Werten entsprechend aufwachsen und sich dem Bauplan ihrer Seele entsprechend entfalten können. Und suchen nach entsprechenden Alternativen. Diese Alternativen gibt es, aber man kennt sie wenig bis gar nicht.
Wenn man sich umschaut, entdeckt man viele freie und alternative Schulformen. Nach dem, was in letzter Zeit an uns herangetragen wurde, scheinen sich leider viele dieser Schulen in den letzten 2 Jahren immer mehr den staatlichen Schulen angenähert und ihre ursprüngliche Vision & Intention immer mehr vergessen zu haben. Daher sind sie für viele Eltern und Kinder leider oft keine wirkliche Alternative mehr.
Das Homeschooling, wie es z.B. in Österreich praktiziert werden kann (und in Deutschland während Corona kurz praktiziert werden konnte), ist für viele Familien zwar eine Option, aber keine wirklich gute. Denn die Kinder müssen in diesem Fall – zumindest in Österreich – den staatlich vorgegebenen Einheitsstoff eben daheim lernen – mit Lern- und Prüfungsdruck etc. Nicht nur für die Kinder oft ein großer Stress, sondern für die ganze Familie.
Anders sieht es in Ländern wie England oder Irland aus, wo Homeschooling auch ohne staatliche Kontrolle gemacht werden kann. Und in Dänemark wird nur hin und wieder geschaut, ob das Kind in bestimmten Fächern Fortschritte macht – ohne Abgleich mit einem Lehrplan.
Bleibt das, was als „Freilernen“ bezeichnet wird – oder nach Bertrand Stern als „frei sich bilden“. Freilernen bedeutet, dass ein Kind keinen Stoff lernen muss – es bringt sich – etwas überspitzt formuliert – alles, was es wissen muss selbst bei. Zu dem Zeitpunkt, an dem es für das Kind wichtig und richtig ist.
Wenn man das jemandem erzählt, der sich noch nie mit dem Freilernen auseinandergesetzt hat, kommen sie sofort – die „Aber“s 😉 In diesem Artikel möchten wir auf die häufigsten dieser Abers eingehen. Wir möchten Eure Bedenken nehmen und es Euch so ermöglichen, Euch dem Freilernen zu öffnen – so wie Ihr es vielleicht vor Jahren schon mit der alternativen Medizin oder einer straffreien Erziehung gemacht habt 😉
Wir sind fest davon überzeugt: es lohnt sich! Denn damit geht eine neue Tür auf – für Eure Kinder und auch für Euch. Und wir sind auch fest davon überzeugt, dass Eure Kinder damit ein riesiges Stück glücklicher aufwachsen können – und oft auch gesünder.
1. Aber es gibt doch eine Schulpflicht!
Das stimmt – in Deutschland. Trotzdem gibt es viele Familien, die ihren Kindern freies Lernen oder Homeschooling ermöglichen. Wo ein Wille ist, ist (meist) auch ein Weg 😉 Siehe dazu auch das Webinar mit der Rechtsanwältin Christina Gavrić am 14. Juni!
Aber es gibt auch ganz viele Länder, in denen es keinen Schulanwesenheitszwang gibt. Freies Lernen ist z.B. in England, Irland und Dänemark möglich – aber auch in vielen anderen Ländern wie z.B. USA und Kanada. In Österreich ist Homeschooling nach Lehrplan möglich, die Regelungen in der Schweiz sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Es ist also auch denkbar, den Wohnort der Familie in ein Nachbarland zu verlegen, um der strengen Schulpflicht oder strengen Homeschooling-Regelungen zu entgehen.
D.h. aber nicht, dass in diesen Ländern ein großer Teil der Kinder ohne Schule aufwächst – frei sich bildende Kinder sind auch dort in der Minderheit.
Seinen Kindern freies Lernen zu ermöglichen, kann phasenweise anstrengend sein – je nachdem, welchen Weg eine Familie dazu wählt. Aber ein Kind durch die Schulzeit zu begleiten, ist vermutlich langfristig wesentlich anstrengender und belastender für die ganze Familie.
2. Aber wer unterrichtet mein Kind dann? Ich kann das nicht leisten!
Hier heißt es: entspannen und vertrauen! 😉 Kinder bilden sich selbst. Dazu braucht es keine Lehrer – weder die in der Schule noch uns Eltern. Es braucht lediglich „Lernbegleiter“, die dafür sorgen, dass unsere Kinder Antworten auf ihre Fragen bekommen, dass ihre Interessen gesehen und ggf. „gefördert“ werden.
D.h. nun nicht, dass Mama oder Papa den ganzen Tag mit Fragen gelöchert werden. Das passiert erfahrungsgemäß nur zeitweise und Mama oder Papa müssen dann auch die Antworten nicht selbst wissen. Sie müssen nur helfen, die Antworten zu finden. Im Netz, in Büchern, in Dokus, beim Nachbarn, in der Schreinerei im Ort… Auch für die Eltern immer wieder ein spannendes Lernerlebnis!
Ach ja: und mit Interessen sehen und fördern meinen wir: wenn ein Kind sich z.B. für Zauberei zu interessieren beginnt, dann nehmen wir das zur Kenntnis ohne zu bewerten. Und leihen uns dann z.B. von Freunden einen Zauberkasten oder ein Buch über Zaubertricks. Und helfen vielleicht, wenn es mal bei einem Trick nicht so klappen sollte.
Zusammengefasst: Frei sich bildende Kinder brauchen keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung von elterlichen „Lehrern“. Sie brauchen keine staatlich ausgebildeten Lehrer. Sie brauchen nur hin und wieder ein offenes Ohr und etwas gemeinsame Zeit. Sie brauchen Eltern, die ihre Interessen erkennen und es möglich machen, diesen zu folgen.
Und vielleicht auch manchmal den ein oder anderen unaufdringlichen Impuls 😉 Z.B. indem Mama bei Duolingo.com o.ä. beginnt, ihre Fremdsprachkenntnisse wieder ein bisschen aufzufrischen und damit das Interesse ihrer Kinder dafür weckt – die sich dann vielleicht eine Zeitlang und immer mal wieder ebenfalls begeistert damit beschäftigen 😉
Wenn die Eltern das Gefühl haben, den Erwerb einer bestimmten Fähigkeit etwas anstoßen zu müssen, können sie z.B. Lesespielchen im Restaurant machen, wenn auf’s Essen gewartet wird („Was bedeutet dieses Wort?“), ein Matheübungsbuch kaufen und es auf der Fahrt in den Urlaub gemeinsam durchmachen, einen schönen Atlas anschaffen uvm. Natürlich alles ohne Druck, ohne Zwang.
Das freie Lernen der Kinder findet oft statt, ohne dass wir das merken. Es erfolgt eben ohne offiziellen Unterricht. Das ist wunderbar dargestellt in unserer ersten Buchempfehlung unten. Auf einmal merken wir beim Mittagessen: „Hey, woher weiß meine Tochter denn das?“ oder wir nehmen erstaunt zur Kenntnis, wie gewählt sich unser Kind gerade ausgedrückt hat, wie gut es die technischen Zusammenhänge beim Auto schon versteht oder dass es den englischen Satz eben problemlos verstanden hat.
Noch ein Tipp: die Freilerner-Expertin Dagmar Neubronner bietet am 15. Juni ein kostenfreies Webinar an, für alle, die Kinder beim Lernen begleiten möchten – egal ob in der Schule, beim Homeschooling oder Freilernen. Für alle, die mehr darüber wissen möchten, was es bedeutet, seine Kinder beim (Frei) Lernen zu begleiten und sich wertvolle Impulse, Ideen und Rückenstärkungen dafür holen möchten.
3. Aber lernt mein Kind dann nicht nur unwichtiges Zeug? Wie lernt es all die wichtigen Dinge? Woher bekommt es den nötigen Lernstoff?
Was ist wichtig, was ist unwichtig? Wer entscheidet das? War es wichtig, dass wir in der Schule die binomischen Formeln gelernt haben? Oder wie die Körperteile einer Schnecke heißen? Es ist nicht unsere Aufgabe, unsere Kinder zu formen – das machen sie selbst, gemäß dem „göttlichen Bauplan ihrer Seele“. Wenn Deine Kinder sich für (aus Deiner Sicht nutzlose) Fußballsammelkarten interessieren, könnte es sein, dass Du schon bald feststellst, dass sie in ihrer Begeisterung total viel lernen. „Mama, wo ist denn Wolfsburg eigentlich?“. „Papa, wenn hier steht, dass Müller am 13.9.1989 geboren ist, dann ist er jetzt 32 Jahre alt, oder – weil jetzt noch nicht September ist?“. Usw. Das ist natürlich nur ein rein fiktives Beispiel 😉
Auch eine nähere Überlegung wert: Was habe ich davon, vollgepumpt mit theoretischem Wissen über Physik, Biologie, Chemie & Co. zu sein, wenn ich doch Webdesigner werden will? Mal abgesehen davon, dass die Halbwertzeit von schulischem Wissen zumindest bei mir extrem gering war – ich habe nur für die Klassenarbeiten gelernt und danach den Kopf wieder frei für die spannenden Dinge des Lebens gemacht (auch Bulimie-Lernen genannt) 😉 Ja, ich finde es gut, zu wissen was H2O ist und warum das so heißt. Aber so etwas lernen freilernende Kinder früher oder später auch – ganz plötzlich ist das Interesse dafür da. Dann folgen ein paar gemeinsam angeschaute Folgen Chemie auf Youtube und sie wissen dann auch noch gleich, was der Unterschied zwischen homogen und heterogen ist und fragen Mama außerdem, ob sie destilliertes Wasser und Soda da hat, um das Experiment aus Youtube nachmachen zu können.
Nochmal zum Thema „Bulimie-Lernen“: In einem Interview mit Oliver Hauschke, einem Lehrer und ehemaligen Schuldirektor, erzählt er, dass man eigentlich nach den Sommerferien wieder bei Null beginnen müsste, weil ganz viele Schüler den Großteil des im letzten Schuljahr gepaukten Stoffs wieder vergessen haben. Nur Lesen, Schreiben und die Grundrechenarten sind noch präsent.
Noch eine ketzerische Erkenntnis: Wir haben Freunde in Frankreich und obwohl Kiki und ich beide 5-7 Jahre lang (!) Französisch gelernt haben in der Schule, können wir uns mit diesen Freunden nicht auf Französisch unterhalten. Einen mühsamen, zähen Satz bekommen wir vielleicht hin – dann geben wir auf, auch unseren Freunden zuliebe. Witzig: auch unsere Freunde hatten jahrelang Deutschunterricht an der Schule – und bekommen ebenfalls kein Gespräch auf Deutsch mit uns hin 😉 Wir wählen dann Englisch – was wir vermutlich nur deshalb (einigermaßen) beherrschen, weil wir uns längere Zeit beruflich damit beschäftigen mussten und wollten – weil wir es wirklich brauchten.
4. Aber was ist mit Lesen, Schreiben und Rechnen?
Der Frei-sich-bilden-Experte Bertrand Stern hat mal in einem Interview mit uns sinngemäß gesagt: „unsere Kinder werden ganz automatisch auf ihre Weise Lesen lernen. Die Welt um sie herum ist voller Buchstaben. Es ist ganz natürlich, dass sie dafür ein Interesse entwickeln – sie wollen doch wissen, was da steht.“ Die einen machen das schon mit 4 Jahren, die anderen erst mit 13 Jahren. Die Menschen sind halt unterschiedlich (nur die Schule will immer alle gleich machen). Und was das Schreiben und Rechnen angeht: das lernen die Kinder auch. Ich kenne Kinder, die rechnen mir Sachen vor, da kann ich nur staunen. Ohne jemals Mathe gehabt zu haben.
Und wie gesagt: manche Kinder fangen damit auch erst spät an. So dass man auf die Frage „Ja, kann der denn schon lesen?“ jahrelang antworten muss: „Noch nicht“. Aber es kommt. Genau zur für das Kind richtigen Zeit.
Weißt Du übrigens, wie viele (funktionale) Analphabeten es in Deutschland gibt? 7,5 Millionen! Trotz Schulpflicht! In Österreich waren es 2007 10-20 % der Bevölkerung über 15 Jahren! Der Analphabetismus ist ein unterschätztes und tabuisiertes Problem. Millionen von Menschen verlassen die Schule ohne Abschluss. Ein Schulbesuch ist also kein Garant für erfolgreiches Lesen und Schreiben.
5. Aber hocken die Kinder dann nicht den ganzen Tag faul rum und spielen Computer?
Gute Frage. Die freilernenden Kinder, die uns bisher begegnet sind, machen das nicht. Einige davon waren zuvor eine Zeitlang auf einer Schule, andere noch nie. Sie sind interessiert, wollen selbstwirksam sein, spielen, treffen sich mit Freunden, gehen in Vereine usw. Ihre Eltern vereinbaren mit ihnen Computer- bzw. Medienzeiten.
Wir haben auch von Kindern gehört, die tatsächlich lange Zeit unmotiviert daheim saßen und die es ständig zum Computer gezogen hat. Das kann – lt. Dagmar Neubronner – wohl vor allem dann passieren, wenn ein Kind zuvor schon länger zur Schule gegangen ist. Es muss dann erst wieder zurückfinden in seinen „Ursprungszustand“ 😉 Es wird eine Weile dauern, aber dann werden ziemlich sicher Interesse, Neugier und Motivation zurückkehren.
6. Aber wenn mein Kind nicht auf eine Schule geht, kann es auch keinen Abschluss machen.
1.) Doch. Jeder kann eine externe Prüfung ablegen (zumindest in Österreich & Deutschland). Kiki hat als Studentin einer jungen Frau Unterricht gegeben, weil diese nachträglich noch das Abi machen wollte (hat sie auch gemacht und geschafft). Wir haben in zahlreichen Artikeln gelesen, dass viele freilernende Kinder sich in etwa 12 Monaten selbst auf das Abi vorbereiten – und dabei auch noch überdurchschnittlich gut abschneiden!
2.) Je mehr Du das System in Frage stellst – nicht nur das Schulsystem – desto mehr stellst Du vielleicht auch den Sinn eines Schulabschlusses in Frage. Und vielleicht auch den eines Studienabschlusses. Ok, manche Berufe kann man nur mit einem solchen Abschluss ausüben. Aber grundsätzlich sind das alles nur Prüfungsergebnisse, die nichts über einen Menschen und auch nichts über seine Fähigkeiten aussagen. Ich z.B. habe BWL studiert – habe und hatte aber nie wirklich Ahnung von bestimmt 90 % des im Studium Gelernten. Vor allem auch deshalb, weil ich nur studiert habe, um halt zu studieren – und BWL gewählt habe, weil mir damals nichts Besseres eingefallen ist 😉
Ich kann auch diese uniformen (und vor Fehlern strotzenden) Bewerbungsschreiben nicht mehr sehen, die ich damals in meiner Zeit als Angestellter immer wieder zu sehen bekommen habe. Ich würde hundertmal lieber einen kreativen Freigeist ohne Abschluss einstellen als einen uniformen Schulabgänger mit gutem Abschluss. Und so scheinen es, nach dem schon erwähnten Bertrand Stern, auch die Personalleute von zunehmend mehr Firmen zu sehen.
Ach so: und wer sagt eigentlich, dass Dein Kind überhaupt in ein Anstellungsverhältnis möchte? Vielleicht möchte es sich lieber selbständig machen in einem Beruf, den man auch ohne irgendeinen Abschluss ausüben kann? Ich halte das für wahrscheinlich für einen Menschen, der eine selbstbestimmte Kindheit und Jugend erleben durfte.
Auch irgendwie aussagekräftig ist es, dass es in den USA Unis gibt, die Jugendliche bevorzugen, die nicht in der Schule waren – weil sie erfahrungsgemäß motivierter und im Studium erfolgreicher sind.
7. Aber ein Kind braucht doch die sozialen Kontakte aus der Schule!
Freizulernen (oder Homeschooling) heißt nicht, keine sozialen Kontakte zu haben. Provokativ formuliert könnte man sagen: es heißt nur, dass ein Kind nicht 6 Stunden oder länger mit 29 anderen, gleichaltrigen Kindern gemeinsam, stillsitzend und weitgehend stumm in einen geschlossenen Raum „eingepfercht“ wird 😉 Mit 29 Kindern, mit denen es sich zum großen Teil niemals von sich aus umgeben würde, wenn es die Wahl hätte.
Freilernende Kinder zieht es – so unsere Beobachtungen in Freilernerkreisen – zu anderen Menschen. Das können andere freilernende Kinder sein. Aber natürlich auch beschulte Kinder – wer sagt, dass Freilerner und Schulkinder nicht zusammen spielen können (zumindest nachmittags, nach deren Hausaufgaben)? Oft ist es so, dass sich Freilernergruppen bilden, die sich regelmäßig treffen. Viele dieser Kinder sind auch in Vereinen, in Kursen – und sie machen Ausflüge, gehen zum Bolzplatz und vieles mehr. Freizulernen heißt ja nicht, den ganzen (Schul) Tag allein im Kinderzimmer zu sitzen. Somit erwerben freillernende Kinder soziale Kompetenz und soziales Verhalten einfach durch die Teilnahme am realen Leben.
Noch ein paar Sätze zu Sozialisation & Schule (zitiert aus dem 2. empfohlenen Buch; s.u.):
„Wenn man von der klassischen Lerntheorie ausgeht, dass ein Kind das lernt, was es erlebt und was ihm die Menschen in seinem Umfeld vorleben, nicht was ihm gesagt wird, dann wäre es günstiger, wenn Kinder nicht beinahe täglich mehrere Stunden in altershomogenen Klassen verbringen. Unter diesem Licht betrachtet, scheint es nicht gerade förderlich zu sein, wenn unsere Kinder ihr Verhalten an 29 anderen Sechsjährigen orientieren, sondern ihre Augen besser auf reifere Menschen richten und einen Großteil ihrer Zeit mit Menschen verschiedener Altersstufen verbringen, um unterschiedliche Modelle des Verhaltens kennenzulernen. Die Schule trennt Kinder von der wirklichen Welt. […]
Wir sehen die Schule als Vorbereitung auf das Leben in unserer Gesellschaft und den Umgang miteinander. Aber wie sind wir auf die Idee gekommen, das Zusammenleben im schulischen Umfeld könnte vergleichbar sein mit dem in der realen Welt? Wann ist Ihnen als Erwachsener das letzte Mal Juckpulver in den Kragen gestreut worden? Gewalt, Mobbing und Vandalismus prägen das soziale Leben an vielen Schulen – nicht gerade unsere Idealvorstellung von einer förderlichen Umgebung für die soziale Entwicklung unserer Kinder.“
8. Aber kann aus unserem Kind dann überhaupt was werden?
Wer hat uns eigentlich den Floh ins Ohr gesetzt, dass aus unseren Kindern „etwas werden“ muss – und dass das nur die Schule möglich machen kann?
Ersteres bedeutet zwangsläufig, dass unsere Kinder JETZT noch nichts sind – wie arrogant und lebensfremd ist das denn? Was macht es mit einem Kind, wenn es 13 Jahre lang hört, dass es erst noch etwas werden muss? Ich finde das auch deshalb so arrogant, weil das umgekehrt auch bedeutet, dass wir Erwachsenen besser sind also unsere Kinder – wir sind ja schon etwas. Ist es nicht vielleicht eher so, dass WIR mal was waren, was wir jetzt NICHT MEHR sind? Offene, neugierige, glückliche, wissbegierige, fantasievolle, unverkrampfte, achtsame, bedingungslos liebende junge Menschen, für die alles möglich war, die noch träumen durften, die noch vor Energie gestrotzt haben? Wenn ich mich so umschaue, sehe ich so viele Mamas und Papas, die müde aussehen und nicht wirklich glücklich (manchmal muss ich dazu auch nur in den Spiegel schauen 😉 ). Die mehr oder weniger automatisch ihr tägliches Programm machen – gefangen in ihren Mustern, Prägungen, Glaubenssätzen und dem vermeintlichen „Müssen“. Oft ziemlich engstirnig und dogmatisch. Wo sind die Träume hin? Wann gingen Neugierde und Offenheit verloren? Was ist mit der unbändigen Lebensfreude von damals?
Letzteres – also dass es nur die Schule möglich machen kann, dass aus unseren Kindern etwas wird – halte ich mittlerweile für mehr als nur fraglich. Denn woher kommen so viele unserer Glaubenssätze, Prägungen und Muster? Wer hat sie uns genommen (oder zumindest stark zurechtgestutzt), unsere Neugierde, unsere Individualität, unsere Offenheit, unser Träumen? Wer hat uns des Spielens und der Fantasie beraubt – und beides durch Lernen und staatlich festgelegtem Wissen und Glauben ersetzt? Wer hat uns beigebracht, dass wir unbedingt einen gutbezahlten, angesehenen Job als Angestellte brauchen, um glücklich zu werden, um ein gutes Leben zu haben? Wer hat unsere Individualität, unsere Besonderheiten, unsere persönlichen Interessen, unsere ganz eigenen Stärken und Fähigkeiten jahrelang ignoriert statt sie zu sehen und uns darin zu fördern? Und stattdessen allen zur gleichen Zeit das gleiche in der gleichen Art und Weise beigebracht – als ob wir alle wirklich gleich wären? Ok, das ist jetzt vielleicht etwas krass formuliert – aber prüfe mal selbst, ob es nicht doch wahr sein könnte so.
Zum Nachdenken anregen kann auch das folgende, ebenfalls ziemlich krasse Zitat von Michael Hüter, Historiker, Kindheitsforscher, Autor und 3-fachem Vater: „Unser Bildungssystem hat noch nie gebildete und schon gar nicht demokratische Bürger hervorgebracht. NIE. All die Menschen, die „Heil Hitler“ gerufen haben, die den Stalinismus, Kommunismus oder welche auch immer menschenverachtende Ideologie begrüßt und gefördert haben. All diese Menschen waren auch schon, wie wir heute beschult und angeblich gebildet. Oder vielleicht sollten wir mal darüber diskutieren, was ist überhaupt Bildung?“
Unsere Buch- & Videotipps zum Thema Freilernen
Bei uns haben das folgende Video und die Bücher darunter dafür gesorgt, dass wir unsere Sichtweise über die Schule und die Notwendigkeit einer Beschulung innerhalb kürzester Zeit drastisch geändert haben.
Hier das erste Video, das wir zum Thema „Freilernen“ angeschaut haben und uns „infiziert“ hat:
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Und die ersten beiden der folgenden Bücher haben die „Infektion“ quasi „unheilbar“ gemacht ;-). Das erste Buch zeigt ganz praktisch, wie Freilernen aussehen kann – so wunderbar! Es nimmt dabei ganz nebenbei komplett die Angst, dass aus einem freilernenden Kind „nichts wird“ 😉 Das zweite Buch ist ähnlich diesem Artikel – betrachtet aber noch wesentlich mehr als unsere 8 Abers und auch viel intensiver. Es gibt nochmal zusätzlich ganz viel Sicherheit – und bereitet auch auf leidige Diskussionen mit Skeptikern aus dem Umfeld vor 😉
Halt, warum haben wir ausgerechnet Links zu Amazon gesetzt und nicht zur örtlichen Buchhandlung? Weil Amazon der einzige uns bekannte Online-Buchändler ist, der es möglich macht, Buchcover in wenigen Sekunden auf eine Website einzubinden – auch ohne sich vorher die Genehmigung des Verlags geholt zu haben.Und weil wir Deinen örtlichen Buchhandel nicht kennen 😉
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