Juhu, Kita Eingewöhnung gescheitert! Warum?

Wir bekommen immer wieder E-Mails von Eltern, die sich nicht sicher sind, ob sie ihr Kind ab einem Jahr in einer Kita fremdbetreuen lassen sollen oder nicht. Die bei der Eingewöhnung oder auch schon davor leise Zweifel bekommen, ob der gesellschaftlich übliche Weg wirklich zu ihnen passt. Die spüren, dass in ihrem Herzen eine Stimme laut wird und versucht, sich gegenüber dem Verstand Gehör zu verschaffen. Für alle diese Eltern habe ich diesen Artikel geschrieben: meine ganz persönliche Erfahrung mit Kita & Eingewöhnung – und wie ich heute darüber denke.

Warum wir manchmal besser auf unser Herz hören sollten als auf unseren Kopf.

Ja, auch wir haben unseren ersten Sohn mit 13 Monaten in eine Kita gegeben. Warum? Da kamen so Gedanken auf wie

  • „Das tun ja fast alle. Das ist heutzutage ganz normal.“
  • „Ich MUSS doch arbeiten und kann nicht einfach nur Mama sein.“
  • „Das wird ihm gut tun.“
  • „Er braucht doch andere Kinder.“
  • „Dort wird er viel lernen.“
  • „Zu Hause wird ihm bestimmt schnell langweilig.“
  • „Ich kann ihm zu Hause nicht das bieten, was die Kita ihm bietet.“

Und ich weiß gar nicht warum, aber ich habe mich damals mit dem Thema „Kita“ und frühkindlicher Fremdbetreuung gar nicht richtig auseinandergesetzt, habe nicht recherchiert und gelesen, welche Vor- und Nachteile eine Kita für ein Kind hat. Eigentlich ganz untypisch für uns…

Wir entschieden uns für eine sehr flexible Kita, in der unser Kind nur an 2 Vormittagen für je 2 Stunden betreut werden sollte. Da wir schon damals selbständig waren, konnte ich selbst festlegen, wann ich arbeitete und diese 4 Stunden mehr gemeinsame Arbeitszeit pro Woche reichten uns für gemeinschaftliche Besprechungen aus.

Aber die Kita Eingewöhnung hat nicht geklappt. Nach einigen Monaten baten uns die Erzieherinnen zum Gespräch. Und es wurde uns gesagt, dass wir unseren Sohn nicht mehr in die Kita bringen, sondern besser zu Hause betreuen sollen. Nach diesem “Scheitern” habe ich viel über das Warum nachgedacht, habe auch recherchiert rund um das Thema Kita und frühkindliche Fremdbetreuung und mir endlich eine eigene Meinung dazu gebildet. Für meinen Sohn kam das natürlich ein wenig zu spät. Leider. Aber jetzt ist mir klar, warum die Kita Eingewöhnung gescheitert ist. Und wisst ihr was? Ich bin sogar froh darüber – nachdem, was ich jetzt alles weiß! 😉 (Mehr zu den Nachteilen/Gefahren frühkindlicher Fremdbetreuung findet ihr in unserem Interview mit Frau Prof. Dr. Eva Rass)

Ich bin froh, dass die Eingewöhnung nicht geklappt hat – nachdem, was ich jetzt alles über frühkindliche Fremdbetreuung weiß!

In diesem Artikel möchte ich dir die Gründe dafür erklären. Vielleicht helfen sie dir, wenn du selbst gerade vor der Entscheidung stehst, ob du dein Kind in die Kita bringen sollst oder nicht oder es bei euch mit der Eingewöhnung gerade auch nicht so gut klappt. In jedem Fall möchte ich allen Eltern Mut machen, auf ihr Herz zu hören und sich nicht gezwungen zu fühlen, dem gesellschaftlichen Trend zu folgen.

Grund Nummer 1: Mein Herz war gegen die Kita

Tief im Innern meines Herzens wollte ich meinen Sohn nach kurzer Zeit gar nicht mehr in die Kita geben. Wie oft saß ich morgens am Frühstückstisch und hab mir irgendwelche Ausreden einfallen lassen, damit er nicht in die Kita gehen muss (“Ach, heute hat er aber schlecht geschlafen.” oder “Oh, er hat ein wenig Schnupfen!”). Ich sah in meinen Kopf die verschiedensten Bilder: Meinen Sohn wie er herzzerreißend weint – schon im Fahrradanhänger wenn er sieht, wohin wir fahren, wie er sich beim Abschied an mich klammert, seine verweinten, traurigen Augen beim Abholen. Wie oft bat ich Christian, dass er ihn in die Kita bringt, weil ich es einfach nicht über mein Herz brachte, ihn dort zu lassen. Tut mir leid Christian, dass ich dir das so oft zugemutet habe. Und wenn ich meinen Großen doch mal in die Kita gefahren habe, dann verließ auch ich sie mit Tränen in den Augen.

Ich weiß gar nicht, warum ich nicht auf mein Herz gehört habe? Warum habe ich etwas getan, wo doch mein Herz so klar “Nein!” gesagt hat? Mein Kopf und mein Herz haben gestritten, aber wie so oft in unserer Kopf-orientierten Welt hat der Kopf gewonnen. Leider.

Mein Kopf und mein Herz haben gestritten, aber wie so oft in unserer Kopf-orientierten Welt hat der Kopf gewonnen.

Und übrigens ging es Christian genauso – auch sein Herz sagte ganz klar:”Was machen wir da eigentlich und warum? Doch eigentlich nur, weil das heute normal ist, weil es jeder macht!

Grund Nummer 2: Mein Sohn hat nie resigniert

Prof. Dr. Eva Rass, eine Wissenschaftlerin, die sich schon seit langem mit dem Thema frühkindliche Fremdbetreuung befasst, spricht davon, dass Kinder unglaubliche Anpassungswunder sind. Sie passen sich ihrer Umgebung an, um zu überleben. Übertragen auf die Kita bedeutet dies, dass die Kinder sich irgendwann an die Kita gewöhnen müssen – weil sie gar keine andere Chance haben. Provokant könnte man das auch so formulieren: sie resignieren in ihrer Situation. Frau Prof. Dr. Rass sagt auch, dass nur sehr wenige Kinder freiwillig in die frühkindliche Fremdbetreuung gehen würden. Wir geben sie trotzdem dorthin, weil wir glauben, es tun zu müssen – und sie finden sich früher oder später mit der Situation ab, weil sie es müssen. Man könnte die Eingewöhnungsphase daher auch provozierend als Resignationsphase bezeichnen. Wobei diese Phase natürlich von Kind zu Kind unterschiedlich aussehen kann.

Man könnte die Eingewöhnungsphase auch provozierend als Resignationsphase bezeichnen.

Mein Sohn allerdings hat nie aufgegeben, uns klar zu zeigen, was er von der ganzen Kita-Geschichte hält. Nämlich nichts. Jedes Mal hat er uns das aufs Neue gezeigt. Sehr wahrscheinlich hat er nicht aufgegeben, weil er gespürt hat, dass mein Herz in Wirklichkeit nicht wollte, dass er geht. Kinder haben ja ganz feine Antennen! Und heute bin ich ihm unendlich dankbar, dass er so vehement gekämpft hat für das, was er nicht wollte. Das kann er heute übrigens immer noch sehr gut 😉

Grund Nummer 3: Unser Sohn ging nicht jeden Tag in die Kita

Um sich an neue Situationen anzupassen, ist es sicher von Vorteil, wenn man diese Dinge sehr regelmäßig macht: wahrscheinlich fällt es Kindern leichter in die Kita zu gehen, wenn es zu ihrem Alltag gehört, also wenn sie 5 mal die Woche dorthin gebracht werden. Sie gewöhnen sich schneller daran. Zum Alltag meines Sohnes gehörte die Kita nicht, denn er ging ja nur 2 mal die Woche. Die meiste Zeit verbrachte er also bei uns zu Hause.

Vermutlich ist es einfach für ein Kind sich anzupassen, wenn es jeden Tag in die Kita geht.

Unser Kita-Experiment hat übrigens über ein halbes Jahr gedauert hat – und es war für die Erzieher schon sehr ungewöhnlich, dass sich unser Sohn nie richtig eingewöhnte.

Grund Nummer 4: Unser Sohn hatte keine feste Bezugserzieherin

In dieser flexiblen Kita waren nicht immer die gleichen Betreuer da. Es gab einen Stamm an Betreuern, die sich in den Arbeitszeiten abwechselten. Zudem gab es immer wieder auch einige Wechsel bei den Betreuern. Eine feste Bezugserzieherin hatte mein Sohn nicht. Dennoch konnte er zu einer Erzieherin eine Bindung aufbauen, und wenn sie da war, dann ging es ihm in der Kita ein wenig besser. Leider war sie nicht immer da… Und das erschwerte den Aufenthalt natürlich enorm. Denn Kinder brauchen unbedingt eine Bindungsperson, jemandem zu dem sie Vertrauen haben. Auf feste Bezugserzieher hatte diese Kita nicht gesetzt – und ich hatte mich, wie oben bereits geschrieben, damals nicht wirklich viel mit dem Thema Kita auseinandergesetzt – sonst hätte ich das natürlich vorher erfragt.

Kinder brauchen auch in einer Kita unbedingt eine Bindungsperson, jemandem zu dem sie Vertrauen haben.

Mach Dich schlau und hör auf Dein Herz!

Die Hauptgründe für das Scheitern der Kita-Eingewöhnung waren sicher die Nummer 1 und 2. Wenn man als Eltern selbst nicht von etwas überzeugt ist (auch wenn man sich darüber gar nicht richtig bewusst ist), spüren die Kinder das sofort (das kenne ich auch aus dem Alltag, wenn ich halbherzig „Nein“ sage. Dann lassen die Kinder nicht locker, weil sie diese Unsicherheit spüren). Heute tut es mir leid, dass ich meinen Sohn in die Fremdbetreuung gegeben habe – ohne dass ich mich vorher darüber informiert und mir klar meine Meinung gebildet habe. Zu viele Gründe sprechen gegen eine frühkindliche Fremdbetreuung. Und welche genau, kannst du in diesem Interview hören.

Zu viele Gründe sprechen gegen eine frühkindliche Fremdbetreuung.

Wenn du vor der Entscheidung stehst, dein Kind in die Kita zu bringen, dann wünsche ich mir für dich und dein Kind, dass du dich frühzeitig über dieses Thema schlau machst (nicht so wie ich ;-))  – und zwar über alle Apsekte (also Vor- und Nachteile!). Und wenn dein Herz Zweifel hat wie meines damals, diese ernst zu nehmen und zu schauen, ob es nicht doch eine andere Möglichkeit der Betreuung für dein Kind gibt. Meist findet sich doch ein Weg!

Von Published On: 6. November 2018

About the Author: KIKI

Dr. Nicole Kikillus
KIKI ist die Kapitänin der Glücksknirpse. Zusammen mit Christian hält sie das Projekt auf Kurs und spinnt ständig an neuen Ideen dafür. Sie setzt diese auch um, egal ob als Autor, Interviewende, Kursleiterin, Eventmanagerin uvm. Wenn Du sie ärgern möchtest, sage zu ihr einfach, dass Kinder Strafen brauchen – aber nimm Dich vor ihrer Reaktion in Acht 😉 Denn Ihre Leidenschaft ist das, was wir Glücksknirpse-Parenting nennen: eine achtsame, einfühlsame und wertschätzende Erziehungshaltung – bindungsorientiert, gewaltfrei und bedingungslos. Sie brennt aber auch noch für viele andere Themen, wie gesunde Ernährung, Freisein und artgerechtes Wachsen & Leben für dauerhafte Gesundheit bis ins hohe Alter. Damit wir (und unsere Kinder) auch mit 100 noch mit unseren (ihren) Urenkeln Fußball und Fangen spielen können! 😉
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