5 Tipps, um ruhig zu bleiben, wenn Du kurz davor bist, wütend zu werden

Manchmal passiert es einfach – da sprudelt es aus uns heraus. Wir schimpfen, motzen und meckern unsere Kinder an. Obwohl wir das doch gar nicht wollten. Wir verlieren die Beherrschung und haben anschließend meist ein schlechtes Gewissen. Das passiert oft dann, wenn es uns selbst gerade nicht gut geht, wenn unsere Energieanzeige rot blinkt. Wie können wir es schaffen rechtzeitig aus diesem Mecker- & Schimpfstrudel herauszukommen? Vielleicht helfen dir die 5 folgenden Tipps, die auch gerne kombiniert angewendet werden dürfen:

Tipp 1: Schließe deinen Mund zu

Wenn du aufgebracht bist und anfangen willst zu meckern oder zu schimpfen, dann ist es das Beste, wenn du deinen Mund abschließt. Bitte bitte sag nichts, denn es kommt eh nichts Gutes dabei raus und du wirst es vielleicht im Nachhinein bedauern. Also: stell dir vor, du hast einen Reißverschluss am Mund, den du zuziehst, oder du hast dort ein (Vorhänge) Schloß, das du abschließt – und dann wirf den Schlüssel weit weg 😉
Wenn du schon angefangen hast zu schimpfen und du bemerkst es, dann unterbreche gerne mitten im Satz und sag zu deinen Kindern, dass sie das, was du eben gesagt hast, vergessen sollen – und dann schließe deinen Mund zu.

Tipp 2: Spule zurück

Manchmal wünschen wir uns, dass wir die Zeit zurückdrehen können, weil wir gerne in bestimmten Situationen anders reagiert hätten. Dann machen wir das doch einfach! 😉 Ok, das mit dem Zeit zurückdrehen ist schwierig, aber wie wäre es, wenn du einfach die eben abgelaufene Szene zurückspulst und noch einmal von vorne beginnst? Wie das gehen kann, beschreibt Naomi Aldort in einem Beispiel in ihrem Buch “Von der Erziehung zur Einfühlung”, das ich ungekürzt wiedergeben möchte, weil es einfach soooo schön ist 🙂 :

“Als Norm das Haus betrat, waren überall auf dem Boden kaputte Kartons und zerbrochene Bleistifte zerstreut. Er fing an, sich über das Durcheinander zu beschweren und zu verlangen, die Kinder sollten sofort alles aufräumen. Miranda, das jüngste Kind, fing zu weinen an, und ihr älterer Bruder Leon sagte: “Aber Papa, wir sind so schön am Spielen.” “Das ist kein Spiel, all die Kartons und Buntstifte kaputtzumachen.”, brüllte Norm… und dann hörte er unvermittelt mit dem Brüllen auf und sagte: “Spulen wir zurück! Lasst mich diese Szene noch mal machen.” Theatralisch ging Norm rückwärts und verließ das Haus. Dann kam er lächelnd wieder herein. “Hallo Kinder, wie geht’s euch?” Er küsste jedes Kind und seine Frau und fuhr fort: “Oh, schau an, was entsteht denn hier?” Die Kinder erklärten eifrig ihr Spiel, und seine Liebe und sein Interesse waren wiederhergestellt.”

Tipp 3: Dies ist kein Notfall

Wenn wir kurz davor sind, unsere Beherrschung zu verlieren, bedeutet das, dass unser Gehirn (automatisch) in einen Notfallmodus schalten möchte: die berühmt-berüchtigten 3 Fs (Fight, Fly, Freeze – Kampf, Flucht, Erstarren), die uns Menschen in der Vergangenheit oft das Überleben gesichert haben, wenn wir z.B. vom ebenso berühmt-berüchtigten Säbelzahntiger angegriffen wurden. Im Zusammenhang mit unseren Kindern bewertet unser Gehirn die Situation allerdings falsch. Unsere Kinder sind weder Feind noch Gefahr, sie bedrohen uns nicht, unser Überleben ist nicht gefährdet! Und somit müssen wir gar nicht in diesen Notfallmodus schalten. Und genau das teilen wir jetzt unserem Gehirn mit. Wir sagen innerlich: “Dies ist kein Notfall! Mein Kind ist mein Freund!” Wiederhole diese Sätze wie ein kleines Mantra.
(Aus dem Buch “Gelassene Eltern – Zufriedene Kinder” von Laura Markham)

Tipp 4: Bringe dein System durcheinander

Eine weitere Möglichkeit, um aus dieser eben beschriebenen Kampf-, Flucht oder Starre-Reaktion herauszukommen ist, dein System durcheinander zu bringen. In dem du etwas völlig Verrücktes machst:

  • Du legst dich flach auf den Boden und streckst Arme und Beine von dir und gähnst.
  • Du gehst zu deinem Kind, küsst und umarmst es.
  • Du machst einen Hampelmann oder einen Handstand
  • Du fängst an zu lächeln oder zu lachen. Das hat zusätzlich den Vorteil, dass Lächeln oder Lachen Stress abbaut und Glückshormone ausschüttet. Deinem Nervensystem wird so klar signalisiert: Es besteht kein Notfall.

Tipp 5: Stopp-Zeichen

Für alle Tipps, die ich bislang beschrieben habe, ist die Voraussetzung, dass du selbst bemerkst, dass du gleich in den Schimpf- & Motzstrudel hineingezogen wirst. Doch oft ist unser Gehirn bereits so im Notfallmodus gefangen, dass wir unser Schimpfen gar nicht mehr bemerken. Es sprudelt einfach so uns heraus. In solchen Fallen hilft dann ein Stopp-Zeichen.

In einem Moment, in dem du gut mit deinem Kind verbunden bist, redest du mit ihm über die Idee eines Stopp-Zeichens. Immer wenn deinem Kind deine Reaktion zu viel ist, wenn du aufhören sollst zu schimpfen und zu meckern, genau dann gibt dir dein Kind ein Zeichen. Dieses Zeichen erfindest du einfach gemeinsam mit deinem Kind. Als Beispiel wollte ich eigentlich den in der Pädogigik bekannten Stillefuchs (oder Schweigefuchs bzw. Leisefuchs) nennen, habe aber gerade gesehen, dass dieses Zeichen in Österreich mittlerweile verboten ist und in Deutschland verboten werden soll, weil es unglücklicherweise auch das Gruß- und Erkennungszeichen einer rechtsextremen Gruppierung in der Türkei ist. Zum Glück tut es aber auch jedes andere Zeichen – eurer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt! 😉 In unserer Familie verwenden wir das Wort “Grenze” statt so einem Zeichen. Denkbar wäre, es mit dem Stopp-Zeichen eines Polizisten zu kombinieren, der auf der Straße den Verkehr regelt.

Ermutige bitte dein Kind, das vereinbarte Stoppzeichen einzusetzen und sobald dein Kind dir dieses Zeichen gibt, weißt du, dass du seine Grenzen überschreiten wirst, wenn du nicht sofort aufhörst zu schimpfen. Jetzt ist es allerhöchste Eisenbahn, deinen Mund zu verschließen und erstmal zu schweigen.

Noch mehr Tipps

Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, wie du es schaffst ruhig zu bleiben. Wie zum Beispiel:

  • langsam bis 10 zählen,
  • dich eine Weile auf die Atmung konzentrieren
  • 3 tiefe Atemzüge nehmen
  • eine schnelle Dankbarkeitsübung machen
  • einfach kurz den Raum verlassen – wenn es das Alter deiner Kinder zulässt.

Was machst du, wenn du kurz davor bist die Beherrschung zu verlieren? Wie schaffst du es, ruhig zu bleiben? Ich freue mich über deine Tipps, damit wir die obige Liste verlängern können 🙂

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Von Published On: 3. März 2020

About the Author: KIKI

Dr. Nicole Kikillus
KIKI ist die Kapitänin der Glücksknirpse. Zusammen mit Christian hält sie das Projekt auf Kurs und spinnt ständig an neuen Ideen dafür. Sie setzt diese auch um, egal ob als Autor, Interviewende, Kursleiterin, Eventmanagerin uvm. Wenn Du sie ärgern möchtest, sage zu ihr einfach, dass Kinder Strafen brauchen – aber nimm Dich vor ihrer Reaktion in Acht 😉 Denn Ihre Leidenschaft ist das, was wir Glücksknirpse-Parenting nennen: eine achtsame, einfühlsame und wertschätzende Erziehungshaltung – bindungsorientiert, gewaltfrei und bedingungslos. Sie brennt aber auch noch für viele andere Themen, wie gesunde Ernährung, Freisein und artgerechtes Wachsen & Leben für dauerhafte Gesundheit bis ins hohe Alter. Damit wir (und unsere Kinder) auch mit 100 noch mit unseren (ihren) Urenkeln Fußball und Fangen spielen können! 😉
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